Susan verschloss die Wohnungstür hinter sich. Es war ihr wie eine Erlösung. Nach eineinhalb Jahren harter Polizeiarbeit wieder mal die ersten vierzehn Tage Urlaub! Seit sie zur Kommissarin befördert worden war, hatte sie den ihr zustehenden Urlaub immer wieder vor sich herschieben müssen. Obwohl sie schon ahnte, dass Roger noch nicht im Hause war, schaute sie doch in alle Zimmer. Mit Roger lebte sie schon über zwei Jahre ohne Trauschein wie in einer Ehe. Er war auch Polizist, allerdings bei der Verkehrspolizei.
Susan ließ eine Spur ihrer Sachen hinter sich, die sie irgendwohin fallen ließ. Splitternackt landete sie im Bad. Oh, wie wäre ihr jetzt eine innige Umarmung von Roger bekommen. Auf dem Wäschepuff sah sie das Handtuch, das noch die Spuren der vergangenen heißen Nacht trug. Sie nahm es auf, schnupperte begierig daran und erfreute sich an der Mischung ihres und seines Duftes. Das hätte sie bleiben lassen sollen. Sofort setzte sich in ihrem Leib ein ganzer Ameisenschwarm in Bewegung. Gedankenversunken streichelte sie ihre Brüste, nahm sie in beide Hände und wunderte sich am Spiegelbild, wie die niedlichen Brustwarzen sich sichtlich mauserten. Je mehr sie drückte und alles Blut zur Mitte hin trieb, je steifer machten sie sich. Sie hatten eine gute Verbündete. Von unten meldete sich ein drängendes Begehren, das Susan eigentlich mit einem beruhigenden Griff stillen wollte. Vergebene Liebesmühe! Unter den rauschenden Strahlen der Dusche verstärkten sich die eindeutigen Gelüste. „Warte“, rief zu ihrem Schoß herunter, „gleich soll dir Hören und Sehen vergehen.“ Mit dem Brausekopf peitsche sie den Quälgeist. Der wurde allerdings eher drängender als ruhiger. Susan griff zu einem Mittel, mit dem sie die kleine Bettlerin schon manchmal zufrieden gemacht hatte. Sie schraubte den Brausekopf ab und zielte den scharfen warmen Strahl auf alles, was so unwahrscheinlich kribbelte und krabbelte. Wunderschön war es. Sie stellte die Schenkel ganz breit und legte den Kopf genüsslich in den Nacken. Ganz vorsichtig ließ sie den Duschschlauch ein kleines Stückchen in die Tiefe verschwinden. Das Wasser schoss in sie hinein und quoll irgendwann mit einem herrlichen Orgasmus aus ihr heraus. Noch einmal schalt Susan nach unten: „Musst du schon wieder übertreiben? War es nicht eine wundervolle Nacht?“
Susan konnte es sich nur mit der Euphorie wegen des bevorstehenden Urlaubs erklären, dass sie es sich nicht verkneifen konnte, sich wenigstens noch über eine Runde mit ihrem Lieblingsdildo zu retten. Ihre Gedanken waren dabei bei Roger und bei der vergangenen Nacht, in der er mal wieder nichts von seinem unbeschreiblich geilen Repertoire ausgelassen hatte.
Gerade bahnte sich so ein schöner Höhepunkt an, da zerriss das Telefon die beinahe andächtige Stille. „Nicht schon wieder“, stöhnte sie, trappelte mit nassen Füßen aber doch zum Telefon. Nachdem sie wortlos zugehört hatte, schrie sie leise auf: „Nein, bitte! Ich habe Urlaub. Kann das nicht …“ Gehässig schien es aus dem Hörer zu schnarren: „Ab morgen, verehrte Frau Kommissarin, ab morgen haben Sie Urlaub!“
Susan schämte sich ein bisschen, als sie den Hörer viel sagend rasch durch ihre Pospalte strich. Zum Glück waren ihre heißen Gefühle von dieser profanen Ernüchterung verschwunden. Sie stieg in ihre zivile Dienstkleidung. Ein Blick am Fenster beschleunigte ihre letzten Handgriffe. Der Dienstwagen parkte bereits vor der Haustür. In der Tür stieß sie mit Roger zusammen. Der war wie erstarrt, brachte dann aber doch heraus: „Einen Urlaubskuss bitte!“
Flüchtig küsste sie ihn, schob aber seine Hand weg, der zu ihrem Po griff und sich gerade unter den Rock schleichen wollte. „Ich muss noch mal!“ sagte sie gepresst, „da gibt es noch einen Einbruch. Ich soll wenigstens erst mal sondieren.“
Susan wischte über ihre Augen, als sie vor dem Schloss vorfuhr. Da auf der Bank saß ihre einstige allerbeste Freundin, die sie irgendwann aus den Augen verloren hatte. Die beiden Frauen fielen sich in die Arme. Jede wollte von jeder wissen: „Wie kommst du denn hier her.“
Susan hatte sich mit der Hilfe der Innenarchitektin rasch einen Überblick verschafft. Nachdenklich sagte sie: „Dumme Jungen waren es sicher nicht nur, die nach Speisen und Getränken gesucht haben. Blöd, dass wir nicht feststellen können, ob noch etwas verschwunden ist. Mir gefällt nicht, dass die Bauunterlagen und die alten Bestandszeichnungen weg sind. Die haben doch für Außenstehende keinen Wert.“
„Es sei denn“, entgegnete die Innenarchitektin, „dass jemand nach geheimnisvollen alten Gängen sucht.“ Eigentlich war das nur so dahingesagt. Dennoch griff es Susan im Unterbewusstsein auf.
Als die beiden Frauen auf der Bank vor dem Anwesen noch ein Schwätzchen machten, alte Erinnerungen auffrischten, sagte die Innenarchitektin ganz kleinlaut: „Du, es gibt noch etwas. Als ich mit deinen Leuten telefonierte und meine Anzeige machte, hat mir jemand unter den Rock gegriffen … ins volle Menschenleben! Als ich mich umdrehte, war niemand da. Ich stand aber mitten im Zimmer, sodass auch niemand rasch hinter der Tür verschwunden sein konnte.“
Susan prustete vor Lachen heraus: „Da sind sie wohl wieder mal mit dir durchgegangen. Hast du etwa Mangelerscheinungen? Keinen regelmäßigen Sex? Du wilde Hummel warst doch früher schon viel zu oft mit deinen Gedanken zwischen den Beinen. Vielleicht hast du es dir in den leeren Räumen einfach gewünscht.“
Die alte Busenfreundin schien zu überlegen, ob sie weiterreden sollte. Schließlich entschied sie sich: „Susan, da gibt es noch etwas. Das Schloss war kurz nach der Wende schon einmal verkauft worden. Schon nach wenigen Wochen wurde der Kauf rückgängig gemacht. Man redet in der benachbarten Kreisstadt davon, dass es hier einen Poltergeist geben soll.“
„Wo lebst du denn?“ fragte Susan sehr sarkastisch. „Nun ist dir doch hoffentlich auch klar, wie du zu deinen Gefühlen unter dem Rock gekommen bist. Der Poltergeist spukte dir sicher im Kopf herum und du hast dir gewünscht, dass es ein geiler Geist ist.“
„Du bist gemein. Glaubst du mir nicht?“
„Aber überleg doch mal!“ schimpfte Susan. Versöhnlicher fügte sie hinzu: „Am liebsten würde ich dir jetzt vor lauter Wiedersehensfreude auch unter den Rock und ins Mieder greifen. Denkst du noch manchmal an unsere herrlichen Stunden? Du warst der erste Mensch für mich, mit dem ich Sex gehabt hatte. Du hast mich eigentlich mit deinen verständigen Zärtlichkeiten aus dem Dornröschenschlaf erweckt.“
„Du bist aber dann verdammt schnell wach geworden. Ich glaube, wir beiden haben uns so heiß gemacht, dass die Männer heute ganz schön zu tun haben, uns zufrieden zu machen. Geht es dir auch so?“
„Weißt du, bei mir ist oft der Dienst so ein richtiger Liebestöter. Der Dienst stimmt mit dem meines Lebensgefährten meist nicht überein. Aber wenn wir dann übereinander herfallen, dann wackeln die Wände.“
„Hör auf“, knurrte die Innenarchitektin, „du machst mich ganz nervös. Schon als ich dich vorhin erkannt habe, fuhr es mir heftig in den Leib.“
„Das verwechselst du. Das war noch der Griff des Poltergeistes“, frotzelte Susan.
„Lach du nur! Ich weiß, was ich deutlich gefühlt habe.“
Susan ließ mit einem Fingerzeig auf den Dienstwagen durchblicken, dass sie noch einmal zur Dienststelle musste. Als die Freundin murmelte: „Müssen wir uns nicht drinnen noch einmal umsehen“, schwante ihr etwas. Trotzdem ließ sie sich an die Hand nehmen. Gleich hinter der Tür lagen sie sich wie selbstverständlich in den Armen und küssten sich, als hatten sie sich nicht vor sechs Jahren aus den Augen verloren gehabt.